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Hydrogen
Grüner Wasserstoff – Wunschdenken trifft Realität

Viele H₂-Studien rechnen sich die Realität schön – mit fatalen Folgen für Investoren und Klimapolitik.

7/16/2025

Studien werden üblicherweise erstellt um anstehende Aufgaben auf einer soliden Entscheidungsgrundlage einer bestmöglichen Lösung zuführen zu können. Beispielsweise werden in Unternehmen Investitionsentscheidungen getroffen die auf Studienresultaten basieren. Ebenso werden politische und gesetzliche Rahmenbedingungen oft aus den Schlussfolgerungen von Studien entwickelt. Natürlich gibt es seitens der Auftraggeber sehr oft Präferenzen für „bestimmte“ Resultate und verständlicherweise tendieren die Studienautoren – in einer Art von vorauseilendem Gehorsam - dann in diese Richtung – schließlich will man den Auftraggeber zufriedenstellen und im best case Folgeaufträge an sich ziehen.  Ob dies dem Anspruch einer wissenschaftlichen Arbeit gerecht wird sei dahingestellt. Wenn man diese Voraussetzungen in Betracht zieht und zusätzlich berücksichtigt, dass das Budget für Analysen limitiert ist, dann folgen daraus sehr oft Herangehensweisen wie „Für dieses Geld kann man sich keine qualitativ hochstehende Arbeit erwarten“ oder „Die Aufgabe kann nicht umfassend betrachtet werden“. In anderen Worten, es werden dann die Systemgrenzen enger gezogen (wichtige Teilbereiche werden ausgeklammert) irgendwelche Ergebnisse/Daten aus dem Internet entnommen ohne zu analysieren ob diese „Findings“ auch tatsächlich brauchbar sind. Darüber hinaus gibt es auch den Anreiz für Studienersteller in einem anvisierten neuen Markt Fuß zu fassen - folglich werden öfters Angebote abzugeben die zwar kostengünstig ausfallen jedoch fast zwangsweise zu Outcomes minderer Aussagekraft führen. 

Die angeführten Schwachpunkte werden teilweise anhand des Themas Wasserstoff (H2) nachstehend beispielhaft veranschaulicht. 

Unter der Annahme niedriger Gestehungskosten könnte grüner H2 an vielen Stellen – wie beispielsweise in Raffinerien oder in der Stahlerzeugung - eingesetzt werden und wesentlich zum Klimaschutz beitragen. Die notwendigen, teilweise sehr hohen, Investitionen würden sich relativ schnell amortisieren. Die dadurch generierte hohe Nachfrage nach grünem H2 würde zu einem starken Ausbau der Produktionskapazitäten und damit zu einer schnellen Technologieentwicklung führen die dann die Gestehungskosten weiter senken könnte. 

Beflügelt durch politische Wünsche/Vorgaben/Geltungsdrang werden dann im Zuge der Kalkulationen:

  • viel zu niedrige Investitionshöhen für Elektrolyseure – basierend auf veralteten Literaturrecherchen – angenommen wobei oft nicht einmal zwischen PEM- und Alkali-Elektrolyseuren unterschieden wird – von der technisch ökonomischen Berücksichtigung der Vor- und Nachteile der jeweiligen Technologie ganz zu schweigen;

  • Lernkurven angenommen die nicht zu erreichen sind weil:

    • das Balance of Plant Equipment (BoP) des Elektrolyseurs – also Transformatoren, Gleichrichter, Kompressoren, Gasreinigungsanlagen, Wasseraufbereitung, Verkabelungen und Rohrleitungen ohnehin schon ausgereift ist somit geringe Lernkurveneffekte von den BoP-Komponenten realistischerweise ausgehen werden

    • die Stacks noch keiner Massenfertigung unterliegen – sondern bisher eher unter „Manufaktur“ fallen;

  • Projektabwicklungsinvestitionen wie

    • Planung und Design,

    • Projektmanagement,

    • Versicherung und Reserven, 

    • Pre-Feasibility Studien, 

unter den Tisch fallen gelassen werden;

  • Industrieanlagenbauerfordernisse wie:

    • Erforderliches Grundstück – Vorbereitung dieser Fläche,

    • Hoch- und Tiefbauarbeiten,

    • Installation der Komponenten,

    • Einbindung der Anlage in bestehende Infrastrukturen (Strom, Wasser H2-Netze etc.),

    • Messung-, Steuerungs- und Regelungstechnik, 

ebenfalls unberücksichtigt bleiben. 

Die Nichtberücksichtigung der beiden letzten Bulletpoints (Projektabwicklung und Industrieanlagenbauerfordernisse) resultiert oft aus mangelnder Erfahrung hinsichtlich tatsächlicher Realisierung von Industrieprojekten sowie unzureichender Baustellen-/Montageerfahrung der zuständigen Studienreferenten.

Unter Einbeziehung der angeführten Komponenten/Arbeiten erhöhe sich die realistischen Investitionen um ca. 120 – 150% im Vergleich zu den Werten die oft in Studien renommierter Ersteller angegeben werden. Die tatsächlichen spezifischen Investitionen für die H2-Erzeugung – also für den gesamten H2-Industriekomplex - liegen derzeit bei ca. € 3300/kWElektrolyseleistung.

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