„Wait, baby, wait!“ statt „Drill, baby, drill!“ ?
Präsident Trumps Wahlkampfslogan „Drill, baby, drill!“ könnte sich für neue LNG-Liquefaction-Anlagen in den USA aus nachstehend beschriebenen Gründen zu „Wait, baby, wait!“ wandeln. Die von Präsident Donald Trump versprochene Vorherrschaft im Energiesektor könnte möglicherweise Risse bekommen.
Obwohl China eine rechtliche Vereinbarung zum Bau der Pipeline Power of Siberia 2 (PoS 2) nicht offiziell bestätigt, sondern eine umschreibende Sprache benutzt hat, scheint die Realisierung der PoS 2 einen großen Schritt näher gerückt zu sein – so wie auch die Kapazitätserweiterung der bereits bestehenden Power of Siberia als auch des Far East Gas Link.
Die Zusatzkapazitäten – also der PoS 2 (50 Mrd. Nm3/Jahr) plus die erwähnten Kapazitätserweiterungen (Power of Siberia um ca. 6 Mrd. Nm3/Jahr und Far East Gas Link - keine konkrete Zahl) – würden ca. 40 Millionen Tonnen LNG pro Jahr entsprechen und damit ca. 50% der derzeitigen chinesischen LNG-Importe ausmachen. Der LNG-Import-Peak in China könnte ca. 2030 erreicht werden – siehe nachstehend eingefügte Grafik. Dies in Abhängigkeit des für die PoS 2 benötigten Realisierungszeitraumes. Ein realistischer Inbetriebnahme-zeitpunkt der PoS 2 wäre Anfang der Dreißigerjahre zu erwarten – mit dem daran anschließenden Ramp-up der Erdgastransporte.

Angesichts der Tatsache, dass China der größte Importeur von LNG ist, könnten diese Zahlen den LNG-Markt auf den Kopf stellen oder zumindest große Auswirkungen auf denselben haben. Die Realisierung von geplanten LNG-Liquefaction-Projekten – insbesondere in den USA – könnte damit bedeutend erschwert werden – Stichwort Final Investment Decision.
Durch die Realisierung der Projekte würde Russland Käufer für sein Gas finden nachdem die Lieferungen nach Europa – einst Russlands größtem Kunden – nach der Invasion der Ukraine im Jahr 2022 nahezu versiegt sind. China würde sich gegen sein Engagement in LNG aus den USA und der US-Finanzhandelsarchitektur absichern – somit wäre die geopolitische Botschaft bedeutsam.
Da China immer auf Energiesicherheit bedacht war und ist ergo die Diversifikation der Energieimporte immer strategisch verfolgt wurde, scheint der Zeitpunkt von Pekings Sinneswandel hinsichtlich Realisierung der genannten Projekte kein Zufall zu sein. Die Entscheidung, mehr russisches Gas zu beziehen – oder zumindest diese Option zuzulassen – wurde offenbar gefällt, nachdem Trump umfassende Zölle verhängt hatte und Xi mit Abgaben auf US-LNG reagierte. Zudem nehmen die Spannungen rund um die Straße von Hormus, einer wichtigen Verkehrsader für LNG-Lieferungen, zu. Die anhaltend hohen Erdgaspreise, eine Folge des Ukraine-Krieges, scheinen ebenso zum Sinneswandel in Peking beigetragen zu haben. Als Folge haben chinesische Käufer seit über sechs Monaten kein US-Gas mehr importiert. Das ist die längste Phase seit dem letzten Handelskrieg während Trumps vorheriger Amtszeit.
Um die Materialisierung der Pipeline zu ermöglichen, wird Russland das Erdgas wahrscheinlich zu sehr günstigen Preisen verkaufen müssen – nahe an den chinesischen Inlandspreisen. Falls die Pipeline später als angedacht fertiggestellt werden würde, und oder die Investitionen höher als kalkuliert ausfallen und oder eine „flexible“ Abnahmeverpflichtung zu einer Unterauslastung der PoS 2 führen würde, wäre die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben – aber für Russland scheint die Verfügbarkeit eines langfristigen Exportmarktes – unter den derzeitigen Rahmenbedingungen - wichtiger als die Rentabilität der PoS 2 zu sein.
In the long run stellt sich jedoch die Frage woher die wahrscheinlich erforderlichen Quersubventionen für die PoS 2 auf Dauer kommen sollen? Die europäischen Märkte mit relativ hohen und stabilen Gewinnen kommen dafür ab 2028 nicht in Frage. Hinsichtlich LNG kann man davon ausgehen, dass das russische LNG – bedingt durch die Erfordernis LNG-Tanker mit eisbrechenden Fähigkeiten einzusetzen – zusätzlich zu einem zusätzlichen Umschlag (Umladung von LNG-Tankern mit eisbrechenden Fähigkeiten auf billigere „herkömmliche“ LNG-Tanker) – relativ teuer ist und in preissensitiven Märkten, wie Indien, Pakistan, Bangladesch etc. schwer zu verkaufen ist falls man die Gewinnmargen hoch halten will.
Aus Sicht von China würde die PoS 2 als auch die Kapazitätserweiterungen noch mehr Auswahlmöglichkeiten hinsichtlich Erdgasimporte – somit erhöhte Versorgungssicherheit zu niedrigen Kosten – ermöglichen. Dies in Abhängigkeit der in den endgültigen Verträgen vereinbarten Flexibilitäten. Peking kann zeigen, dass China kein zusätzliches US-LNG benötigt – diese Perspektive wird/könnte dem Weißen Haus und den amerikanischen LNG-Entwickler Kopfzerbrechen bereiten.
Die Botschaft die Präsident Putin mit diesen Vereinbarungen hinsichtlich Widerstandsfähigkeit der eigenen LNG-Industrie sendet ist ebenfalls ziemlich stark – zumindest kurzfristig. Ein Cargo des von den USA sanktionierten Exportprojekts Arctic LNG 2 legte in China/Beihai an und wurde entladen – damit wird der Durchsetzungswille der Trump-Regierung betreffend Sanktionen auf die Probe gestellt. Dies vor dem Hintergrund, dass Novatek JPSC – als Betreiber der Arctic LNG 2 Anlage – bisher Schwierigkeiten hatte einen Käufer zu finden obwohl eine Schattenflotte installiert wurde.