Diese Seite verwendet Cookies um die Nutzererfahrung zu ermöglichen und zu verbessern. Details dazu und zum Datenschutz finden Sie hier

A tutto gas
Netzausbau als Schlüssel zur Energiewende

Verteilernetzbetreiber legen transparente Entwicklungspläne vor

von Alfred Schuch
06.10.2025

Ohne leistungsfähige Netze wird die Energiewende nicht zu schaffen sein. Das betonte der Geschäftsführer von Netz Oberösterreich, Michael Haselauer, beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 2. Oktober 2025. Um das Stromnetz für die Anforderungen der Zukunft fit zu machen, steht der größte und umfassendste Umbau der Netze an – in anderen Worten eine Herkulesaufgabe ist zu bewältigen. Notwendig wird das, weil sich der Strombedarf bis 2040 nahezu verdoppeln wird – von derzeit rund 70 TWh auf bis zu 140 TWh. Gleichzeitig sollen fossile Energieträger vollständig ersetzt werden. Strom aus Photovoltaik oder Windkraft und erneuerbare Gase wie Biogas oder Wasserstoff sollen zu den zentralen Bausteinen dieser Transformation werden.

  • Gemäß dem sogenannten Transition-Szenario im österreichischen Netzinfrastrukturplan 2040 (ÖNIP), erstellt vom Umweltbundesamt, gehen die Netzbetreiber von folgenden Rahmenbedingungen aus:
  • Bruttoenergieverbrauch 2040: 268 TWh – das entspricht einer Reduktion um 1/3 des derzeitigen österreichischen Jahresgesamtenergieverbrauches von 396 TWh;
  • Fossiles Gas soll bis 2040 auf 0 TWh gebracht werden;
  • Biogas (Biomethan) soll bis 2024 10 TWh pro Jahr zur Energiebedarfsdeckung beitragen;
  • Biogas in OÖ soll bis 2040 2,5 TWh beisteuern – diese wären „rohrleitungsnah“ vorhanden;
  • Wasserstoffverbrauch (H2) soll bis 2040 auf 48 TWh pro Jahr steigen;
  • H2-Inlandsproduktion soll 12 TWh pro Jahr betragen (Leistung 3 GW);
  • H2-Rohrleitungstransportkapazität soll bis 2040 > 2 Mio. Nm3/h erreichen.

„Die Unternehmen wollen Milliarden in eine sichere Versorgung von Menschen und Unternehmen investieren. Dafür brauchen wir die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen, allen voran das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) und das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG), nur so kann der Ausbau zügig fortgesetzt werden.“ so Frau Brigitte Ederer, Sprecherin des Forum Versorgungssicherheit

Ein diesbezüglich transparenter Prozess ist oberstes Gebot: Das neue ElWG, soll Regeln vorgeben, wie die Öffentlichkeit über die unterschiedlichen Netzausbaupläne informiert werden soll – dies wird von Michael Haselauer ausdrücklich unterstützt. „Die Netzbetreiber im Land Oberösterreich (Anm: Netz Oberösterreich, Linz Netz, APG, EWW und Ennskraft) haben bereits seit 2016 mit dem Stromnetzmasterplan ein Instrument geschaffen, mit dem genau die Vorgaben des Gesetzes erfüllt werden.“ so Haselauer. Darüber hinaus unterstützen alle Verteilernetzbetreiber mit Hochspannungsleitungen in ganz Österreich diese Initiative. Haselauer: „Alle betroffenen Netzbetreiber haben nach standardisierten Vorgaben alle wichtigen Netzausbauprojekte dargelegt und öffentlich und uneingeschränkt zur Verfügung gestellt. Wir sind schneller als das Gesetz und stellen transparent dar, was wann wo geplant ist!“ Diese sogenannten „Verteilernetzentwicklungspläne“ (VNEP) haben alle betroffenen Netzbetreiber bereits im September 2024 erstmals veröffentlicht. Seitdem stehen sie auf hunderten Seiten vollumfänglich und frei zugänglich jedem zur Verfügung. Siehe https://www.ebutilities.at/informationen/VNEP 

In den Entwicklungsplänen sind Leitungen und Umspannwerke auf der 110-kV-Hochspannungsebene enthalten, dazu kommen wesentliche Mittelspannungsprojekte in den jeweiligen Versorgungs-bereichen. Letztere sind allerdings nur ein Bruchteil aus der Gesamtliste der Netzbetreiber, die jährlich zehntausende Einzelprojekte umsetzen und die teilweise nur Planungs- und Umsetzungszeiträume von wenigen Monaten haben. Darüber hinaus stehen viele weitere digitale Werkzeuge den Kunden in den unterschiedlichsten Formen zur Verfügung. Die Bandbreite reicht von der Übersichtskarte der Umspannwerkskapazitäten in ganz Österreich über Planungsportale für PV-Großanlagen und Energiegemeinschaften bis hin zu Tools für die Integration von Biogas und Wasserstoff für Kunden und Planungsbüros. Zu diesen Transparenz-Leuchttürmen kommen auch „Pflichtaufgaben“, die die Netzbetreiber seit geraumer Zeit in den Online-Portalen anbieten. Zusammen mit dem Smart-Meter-Vollausbau, der sich dem Abschluss nähert, lassen sich so noch zusätzliche Funktionen für mehr Einblick in den eigenen Energieverbrauch schaffen. 

Last but not least, damit der Netzausbau Schritt halten kann, braucht es jedoch mehr als Technik: „Wir können uns keine jahrelangen Verfahren mehr leisten“, betont Haselauer im Namen der Netzbetreiber. Eine Hoffnung liegt bei Genehmigungserleichterungen und abgekürzten Verfahren für Verstärkungen und Erneuerungen von Netzen. Ebenso sind klare Vorrangregeln für Projekte im öffentlichen Interesse, beschleunigte Genehmigungen und eine Regulierungswende, die vorausschauende Investitionen ermöglicht – zusätzlich zu einer dringend notwendigen Akzeptanzwende: „Die Energiewende gelingt nur, wenn Politik, Wirtschaft und Gesellschaft an einem Strang ziehen.“ Denn: Netzausbau ist eines der wichtigsten Generationenprojekte Österreichs. Die Investitionen, die heute getätigt werden, sichern in Österreich die Energieversorgung für kommende Jahrzehnte.

Ausgehend von den im Forum Versorgungssicherheit sehr gut dargestellten und erklärten Aufgaben der Netzbetreiber könnten sich für energieinteressierte Beobachter folgende Zusatzfragen/Bedenken auftun. 

Wenn man den ÖNIP – der ja die technischen und zeitlichen Vorgaben für die Netzbetreiber beinhaltet - sorgfältig liest wird klar, dass dieses Dokument auf relativ alten Daten – entnommen aus diesbezüglichen Studien – fußt. Beispielsweise war zum Zeitpunkt der Erstellung der relevanten Studien – die wiederum auf noch älteren Daten basieren – die Bedeutung der KI vollumfänglich nicht absehbar. Anmerkung: in den USA wird aufgrund der KI-zugehörigen Datencenter von einer bedeutenden Strombedarfs- und -leistungssteigerung ausgegangen. Ebenfalls wurde damals noch nicht über CCUS (Carbon Capture Utilisation and Storage) intensiv diskutiert. Es ist zwar (noch?) nicht die Aufgabe der Energienetzbetreiber den Transport von CO2 zu bewerkstelligen aber die CCS-Technologie wird große Mengen an Elektrizität verbrauchen. Beispielsweise braucht eine, einer Erdgasturbine nachgeschalteten, Carbon capture Einrichtung ca. 10% der Erdgasturbinenleistung. Da ist die Kompression des CO2 und der Transport mittels Pumpen oder Kompressoren noch gar nicht eingerechnet. Ebenso hat sich die Stromspeichertechnologie in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt – sowohl hinsichtlich spezifischer Speicherkapazität als auch im Hinblick auf spezifische Investitionsgrößen. Hier sei erwähnt, dass man die Förderung von PV-Anlagen an vorhanden Speichervorrichtungen bzw. auch an erlösmaximierende und nicht ertragsoptimierte Ausrichtung der PV-Anlagen koppeln könnte. Ebenso muss der zukünftig erforderliche Kühlbedarf entsprechenden Eingang in den ÖNIP finden. Die 2025 veröffentlichte Studie „Urbaner Kältebedarf in Österreich 2030/2050“, in Auftrag gegeben vom Bundesministerium Klimaschutz, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, geht von einem Kühlbedarf von 3 – 19 TWh pro Jahr, in Abhängigkeit der jeweiligen Studienautoren, aus. Die Studie geht davon aus, dass sich die Kühlgradtage zwischen 50 – 100% bis 2050 erhöhen werden. Die Studie gibt zwar keine Empfehlung ab wie die Kühlung erfolgen soll jedoch bedarf jede der beschriebenen Technologien erheblicher Elektrizitätsmengen. Die maximale Kühlleistung würde zwar dann anfallen wenn auch die PV-Anlagen die größte Leistung liefern würden, jedoch ist das menschliche Verhalten einzukalkulieren. Sehr oft kommt man nach der Arbeit nach Hause und schaltet erst dann die Klimaanlage ein – jedoch dann mit höchster Leistung der, womöglich überdimensionierten, Anlage – somit dann, wenn die Sonne nicht mehr oder in einem geringeren Ausmaß scheint – folglich die PV-Anlagen weniger Strom produzieren. 

Hinsichtlich der genannten Biomethanmenge von 10 TWh pro Jahr ab 2040 bedeutet das, dass von jetzt bis 2040 jede Woche eine neue/überholte Anlage mit einer mittleren Größe von ca. 150 Nm3/h an das Netz müsste – samt den Anschlussleitungen. Dies ist meines Erachtens eine kühne Vorgabe.
Man sieht, dass man den Netzbetreibern Daten/Vorgaben zur Verfügung stellen muss die eher den hier kurz umrissenen Entwicklungen entsprechen. Die Netzbetreiber, die sich irgendwie in einer Sandwichposition zwischen Kundenanforderungen und gesetzlichen Vorgaben befinden – zumal ihre Entscheidungsfreiheit durch die Regulierungsbehörde auch noch ein wenig eingeschränkt ist – sollen nicht die Leidtragenden von fehlenden klaren gesetzlichen Vorgaben sein.

Anmerkung: Das Forum Versorgungssicherheit ist die gemeinsame Plattform von fünf Verteilernetzbetreibern: Wiener Netze, Netz Niederösterreich, Netz Burgenland, Linz Netz und Netz Oberösterreich.