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Erneuerbare + Förderung
Das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) – mehr Fairness bei Kostenaufteilung?

Bericht vom "Forum Versorgungssicherheit"

von Alfred Schuch
12.09.2025

Heute hat das Forum Versorgungssicherheit wieder zu einem Energiepolitischen Hintergrundgespräch geladen – welches, mit einer großen Teilnehmerzahl, Online durchgeführt wurde. Thema der Veranstaltung war „Wer die Netze nutzt, soll auch die Kosten tragen“ – dies vor dem Hintergrund, dass die Verteilernetzbetreiber verursachungsgerechte Netztarife fordern. Durch eine faire Aufteilung der Kosten soll der Ausbau der Infrastruktur zügig erfolgen.
Johannes Zimmerberger, GF der Linz Netz GmbH, hat anhand einer übersichtlichen und leicht verständlichen Präsentation, jene „Schwachstellen“, die das kommende Elektrizitäts-wirtschaftsgesetz (ElWG) beseitigen soll, erläutert.  Motto: „Wer die Netze nutzt, sollte sich auch an den Kosten beteiligen – das sollte zumindest als grundlegendes Prinzip gelten.“

Aufteilung der Kosten

Die Kosten für den Betrieb und den Ausbau der Netze werden über Netzgebühren gedeckt, die, neben der Commodity Strom und den relevanten Steuern, von den Stromkunden zu bezahlen sind. Da es sich bei den Stromnetzen um natürliche Monopole handelt, unterliegen sie einem Regulierungsregime – folglich entscheiden nicht die Netzbetreiber selbst über die Höhe der Tarife, sondern werden diese von der E-Control – aus dem Blickwinkel der Kosten-orientierung – festgelegt. Darüber hinaus unterliegen die Netze dem sogenannten Revenue-Cap-Prinzip: Sollten die Einnahmen aus den Tarifen in einem Jahr höher ausfallen, als prognostiziert, etwa weil eine größere Zahl neuer Verbraucher ans Netz gegangen ist, dann dürfen die Netzbetreiber über diese zusätzlichen Mittel nicht verfügen, vielmehr müssen sie im darauffolgenden Jahr für Tarifsenkungen verwendet werden und vice versa (Stichwort: Regulierungskonto).

„Je größer die Zahl der Beteiligten, die einen fairen Anteil der Kosten übernehmen, desto kleiner wird der Anteil für die einzelnen Verbraucher oder Einspeiser. Jede Ausnahme für eine Gruppe bedeutet automatisch höhere Kosten für alle anderen“ – so Zimmerberger, für den es deswegen klar ist, dass auch (kleine) Einspeiser Netzbereitstellungsentgelte zahlen sollen – „das gebietet die Fairness.“

Effizienter Netzausbau

Um die Anforderungen, die durch die Umstellung der Energieversorgung auf Wind- und Sonnenstrom entstehen, meistern zu können, müssen die Netze in den nächsten Jahren massiv ausgebaut werden. Nach Berechnungen des Austrian Institute of Technology (AIT) müssen bis 2030 rund 24 Milliarden Euro und bis 2040 rund 44 Milliarden Euro in die Netze investiert werden um die Versorgungssicherheit nicht zu beeinträchtigen.

„Wir müssen sämtliche technischen Möglichkeiten nutzen, um den Netzbetrieb flexibel zu gestalten. Nur so kann die Gefahr von überdimensionierten Netzen vermieden werden“ – so Zimmerberger. Es muss den Betreibern die Möglichkeit eingeräumt werden, Lastspitzen in beide Richtungen zu managen. „Wir begrüßen es, dass im ElWG endlich die Spitzenkappung beim Einspeisen geregelt wird“, sagt Zimmerberger, „ohne eine solche Regelung müssten die Netze Überkapazitäten vorsehen, die nur an wenigen Tagen im Jahr für kurze Zeit benötigt werden.“ Auf Seiten der Verbraucher soll es möglich werden, Nutzungen mit hoher Leistung – etwa das Laden von E-Mobilen – so zu steuern, dass Spitzenbelastungen vermieden werden.

Durch tarifliche Anreize – wie beispielsweise dementsprechende Leistungspreise - soll netzdienliches Verhalten von Verbrauchern gefördert werden. D.h., dass Verbraucher Geld sparen können, wenn sie die maximal beanspruchte Leistung gering halten. Auf Seiten der Produzenten können Speicher helfen, die Netze nicht zu überlasten.

Neue Wege der Finanzierung

Mangelnde Fairness ortet Zimmerberger auch bei der Regelung der sogenannten Baukostenzuschüsse. Das sind einmalige Zahlungen, mit denen die Kosten teilweise abgedeckt werden, die durch die Errichtung neuer Anschlüsse entstehen. PV-Anlagen sind davon weitgehend ausgenommen. Wenn jedoch in einem Versorgungsgebiet viele kleine PV-Anlagen in Betrieb gehen, wird es sehr wohl nötig, das Netz zu verstärken. Zimmerberger bringt ein Rechenbeispiel: „Wenn für zehn neue PV-Anlagen eine zusätzliche Trafostation errichtet werden muss, entstehen Kosten von rund 150.000 Euro, denen keine Baukostenzuschüsse gegenüberstehen. Wären es stattdessen zehn Haushalte, könnten Zuschüsse in Höhe von 30.000 Euro verrechnet werden.“ Zimmerberger wünscht sich deshalb eine verursachungsgerechte Neuregelung dieser Zuschüsse. Schließlich könnte auch die Einrichtung eines staatlichen Infrastrukturfonds für günstigere Finanzierungsmöglichkeiten sowie höhere Sicherheit für den Netzausbau sorgen.
Aus der anschließenden Fragestellungsrunde ergaben sich folgende – über die Inhalte der Präsentation hinausgehende – Key takeaways:

  • Hausanlagen-PVs reduzieren üblicherweise nicht die bezogene Leistungsspitze des Betreibers da diese zu Tageszeiten (abends) auftritt, wenn die Sonne nicht mehr scheint;
  • Energiegemeinschaften – die ja ein Verrechnungskonstrukt darstellen – sind nur dann als netzdienlich anzusehen, wenn sie aktiv an der Vermeidung von Leistungsspitzen oder Vermeidung von Überschussstrom arbeiten. Beispielsweise kann durch aktives Bedarfsmanagement vermieden werden, dass bei hoher Sonneneinstrahlung, Laufkraftwerke das Wasser ungenutzt über die Wehre laufen lassen müssen;
  • die Einrichtung eines staatlichen Infrastrukturfonds, der für günstigere Finanzierungsmöglichkeiten sowie höhere Sicherheit für den Netzausbau sorgen soll, ist dann sinnvoll, wenn dieser Fonds nicht von den Muttergesellschaften der Netzbetreiber, welche üblicherweise indirekt die Finanzierung des Netzausbaus sicherstellen, durch Einzahlungen derselben, finanziert werden soll. Anderenfalls würde das Prinzip „Linke Tasche, rechte Tasche“ entstehen und unnützer Verwaltungsaufwand generiert werden

Das Forum Versorgungssicherheit ist die gemeinsame Plattform von fünf Verteilernetzbetreibern: Wiener Netze, Netz Niederösterreich, Netz Burgenland, Linz Netz und Netz Oberösterreich.