Der deutsche Bundesrechnungshof äussert sich kritisch zu den Zielen der H2-Strategie
Deutschland will eine Wasserstoffwirtschaft etablieren um das gesetzliche Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu erreichen. Trotz Förderungen in Milliardenhöhe verfehlt Deutschland bisher die Ziele der H2-Strategie. Das gefährdet das Erreichen der Klimaneutralität, den Industriestandort Deutschland sowie stabile Bundesfinanzen – so der deutsche Bundesrechnungshof.
Wenn man den intendierten H2-Hochlauf in unserem Nachbarland analysiert wird sehr schnell klar, dass sich auch in Österreich die gleichen Hürden bereits stellen oder zukünftig stellen werden.
H2 soll eine Schlüsselrolle in der Energiewende spielen – nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten EU. Jedoch fehlt es derzeit an Angebot, Nachfrage und Infrastruktur. Darüber hinaus ist H2 deutlich teurer als bisher genutzte Energieträger und auch als die in der H2-Anfangseuphorie veröffentlichten Zahlen. In Deutschland wird der Anlauf zum Hochlauf der H2-Wirtschaft – einem planwirtschaftlichen Ansatz folgend - mit mehreren Milliarden Euro pro Jahr gefördert – trotzdem ist das Ziel bis zum Jahr 2030 eine H2-Wirtschaft zu etablieren, in weite Ferne gerückt.
Gemäß Bericht des Bundesrechnungshofs sind (derzeit) noch folgende Haupt-unzulänglichkeiten gegeben:
- Eine sichere Versorgung mit Wasserstoff erfordert ein ausreichendes Angebot. Dieses soll in Deutschland durch inländische Erzeugung und mindestens zur Hälfte über Importe bereitgestellt werden. In Deutschland werden weder die inländischen Erzeugungsziele für grünen H2 noch der erwartete Bedarf über Importe abgedeckt werden – so die Prognosen basierend auf den bisherigen Maßnahmen, nämlich der Förderung der Nachfrage. Weder der Industrie- noch der Energiesektor werden die Nachfrage bis zum Jahr 2030 wesentlich erhöhen. Beispielsweise führen fehlende, verbindliche Vorgaben zur Umrüstung von Gaskraftwerken auf H2 zu geringen Nachfrageimpulsen für den Hochlauf der H2-Wirtschaft. Der Aufbau des H2-Kernnetzes erfolgt angesichts des absehbar geringen Angebots und der absehbar geringen Nachfrage nicht mit diesen synchron: So sollen bereits im Jahr 2030 zwei Drittel des geplanten H2-Kernnetzes bereitstehen – bei absehbar geringer Auslastung
- Gegenwärtig ist grüner H2 aufgrund seines hohen Preises kein wettbewerbsfähiger Energieträger folglich fehlt den privatwirtschaftlichen Playern der Anreiz in die H2-Wirtschaft zu investieren. Damit der Hochlauf der H2-Industrie gelingen kann, hat Deutschland 2024 ca. 4,3 Mrd. Euro und 2025 > 3 Mrd. Euro bereitgestellt – insbesondere für Subventionen an Unternehmen. Darüber hinaus ist Deutschland erhebliche Vorbindungen von jährlich mehreren Milliarden Euro bis zum Ende des Jahrzehnts eingegangen – trotzdem haben sich die Erwartungen, dass grüner H2 preislich wettbewerbsfähig wird, bislang nicht erfüllt – ganz im Gegenteil, H2 wird auch künftig teuer bleiben folglich ist eine staatliche Dauerförderung absehbar. Um die Kostendifferenz zwischen H2 und Erdgas auszugleichen, könnte der Mittelbedarf in Deutschland im Jahr 2030 allein für Importe 3 bis 25 Mrd. Euro betragen. Diese sehr große Spreizung kann als Indikator für hohe Herstellungs- und Transportkostenrisiken gesehen werden.
- Da die Anzahl der Netznutzer anfangs gering sein wird, wird den Netzbetreibern ein Teil ihrer Netzkosten über ein sogenanntes Amortisationskonto aus einem staatlich abgesicherten Darlehen erstattet (Zwischenfinanzierung). Mit steigender Anzahl der Netznutzer, folglich steigenden Erlösen, soll das Darlehen getilgt werden. Ein nicht synchronisierter Aufbau des Kernnetzes mit den Verbrauchsanforderungen – beispielsweise mit H2-ready-Gaskraftwerken – siehe oben - treibt die Netzkosten und die Kosten der Zwischenfinanzierung unnötig in die Höhe. Konsequenterweise ist eine synchronisierte Förderung des Bundes von Angebot, Nachfrage und Speicherung von H2 erforderlich. Scheitert der Hochlauf der H2-Wirtschaft, kann der gewählte Finanzierungsmechanismus den Bundeshaushalt Deutschlands zusätzlich mit einem zweistelligen Milliardenbetrag belasten.
Da Österreich hinsichtlich Anlaufs zum Hochlauf der H2-Wirtschaft zeitlich gesehen weit hinter Deutschland zurückliegt, gilt es aus den Hürden/bisherigen Versäumnissen Deutschlands zu lernen und dementsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass Österreich ein bedeutendes H2-Transitland werden könnte – Stichwort European Hydrogen Backbone. Für den H2-Hochlauf sind in Österreich hohe Investitionen in die Ertüchtigung/Umwidmung der bestehenden Erdgasleitungen, sehr teure H2-Kompressorstationen sowie H2-Wasserstoffspeicher zu tätigen. Von einem Selbstläufer ist keinesfalls auszugehen.