Warum China bei der geplanten Erdgaspipeline "Power of Siberia 2" aus Russland noch zögert: es geht um Route und Preis.
China und USA haben sich auf eine, zumindest vorübergehende, Reduktion der Importzölle geeinigt. Der Tarif für die Einfuhr von chinesischen Gütern in die USA wird ab dem 14. Mai von 145% auf 30% und die Zölle für die Einfuhr von in den USA produzierten Waren nach China wird von 125% auf 10% für eine Zeitdauer von 90 Tagen reduziert – wobei eine Verlängerung möglich ist. Für die Ausarbeitung einer detaillierten, umfassenden, Vereinbarung werden langfristige Verhandlungen erwartet – wiewohl es auch sein kann, dass ein umfangreiches Rahmenwerk gar nicht erreicht wird.
Auf diese Nachricht haben die Aktien- und Energiemärkte reagiert. Es sind sowohl die Aktienindizes als auch die Erdöl- und Erdgaspreise, in Erwartung einer höheren Wirtschaftsleistung in den beiden Ländern, bedeutend gestiegen. Hier stellt sich die Frage ob die relativ großen Erdgaspreissteigerungen ausschließlich auf die Entspannung des Handelskrieges zwischen den zwei größten Wirtschaftsmächten dieser Welt zurückzuführen sind oder ob schon Aufschläge für die in Kiew durch die Staats-/Regierungschefs von vier europäischen Partnern gegenüber Russland angedrohten Sanktionen – wahrscheinlich auch auf russisches Erdgas – enthalten sind.
In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage der Entwicklung der Erdgaspipeline Power of Siberia 2 (PoS 2). PoS 2 soll russisches Erdgas nach China transportieren somit eine zusätzliche Einnahmenquelle für Russland, das ja große, sanktionsbedingte, Einnahmeneinbußen hinnehmen musste und muss, bilden. Seit Eintreten der aus russischer Sicht schmerzlichen Sanktionswirkungen, versucht Russland PoS 2 den Chinesen „schmackhaft“ zu machen – bisher jedoch ohne durchschlagenden Erfolg. Gemäß Meldung von Bloomberg wurde dieses Rohrleitungsprojekt auf die Agenda des Treffens zwischen den Präsidenten Xi Jinping und Vladimir Putin - im Rahmen des Besuches von Präsident Xi Jinping in Moskau – gesetzt. China könnte über die PoS 2 bis zu 50 Mrd. Nm3/Jahr „billiges“ russisches Erdgas beziehen – Russland hätte eine zusätzliche Einnahmequelle. Die zwei Haupthürden scheinen die Preissetzung und die Route zu sein. China versucht einen Preis zu bekommen der sich zwischen dem Preis für in Russland durch Gazprom verkauftes Erdgas und dem Preis für das Pipeline Power of Siberia 1 (PoS 1) -Erdgas befinden soll. PoS 1 liefert seit 2019 russisches Erdgas nach China und erreichte kürzlich die Maximalkapazität von 38 Mrd. Nm3 pro Jahr. Hinsichtlich Route der PoS 2 möchte China, dass die Pipeline nicht durch die Mongolei verläuft, sondern eine Direktverbindung zwischen Russland und China gebaut wird.
Obwohl die Ausgangslage – auf den ersten Blick – eine win-win Situation verspricht, scheint China noch nicht vollends überzeugt zu sein – anderenfalls wäre nach dem Treffen der beiden Staatschefs eine Jubelmeldung – zumindest aus russischer Sicht – schon veröffentlicht worden. Es bleibt spannend.